Innere und äußere Mauern abbauen

Christenrat lud ein zu Ökumenischem Gottesdienst am Tag der Deutschen Einheit 2020

In der Klosterkirche Fürstenfeld versammelten sich am 3. Oktober 2020, dem Tag der Deutschen Einheit, auf Einladung des örtlichen Christenrats rund 70 Christen verschiedener Konfessionen zu einem Ökumenischen Gottesdienst. Sie gedachten dankbar des Mauerfalls vor 30 Jahren, erinnerten aber auch daran, dass mit dem Fall der Mauer längst nicht alles gut sei.

Es war ein stiller, ein nachdenklicher Gottesdienst. Susanne Kiehl, Pastoralreferentin im Pfarrverband Fürstenfeld, sagte eingangs, man wolle nicht über Politik reden, auch nicht über die Ökumene. Man wolle einfach dankbar vor den hintreten, der die Christen eint: Jesus Christus: „Es ist der Herr selbst, vor dem wir uns versammelt haben“, sagte Kiehl.

Der Dank über das Geschenk der Deutschen Einheit kam im ersten Lied zum Ausdruck, das der Posaunenchor der evangelischen Erlöserkirche spielte: „Lobet den Herren, alle die ihn ehren: lasst uns mit Freude seinen Namen singen.“

Grenzzäune

Meditative Gedanken  zum „Grenzzaun zwischen Ost und West“ trug Pfarrer Markus Eberle von der Erlöserkirche vor:

Nachbarn und Dörfer werden getrennt
Reisebeschränkungen von Ost nach West
Langes Warten an der Grenze
Nervosität, Angst
Die Mauer zwischen Ost und West ist unüberwindbar
Nervosität, Angst, ernste Mienen und ernste Worte
Reisebeschränkungen innerhalb Europas
Grenzen werden geschlossen
Urlauber werden zurückgeholt
Der innerdeutsche und internationale Flugverkehr ist eingestellt
Grenzkontrollen und Fiebermessen an der bayrischen Grenze
Was kann uns schützen?
sichtbare unüberwindbare Mauern
unsichtbare Mauern
Mauer ist gleich Mauer?
Mauern fallen
Zäune werden abgebaut
Die Mauer fällt
Ein historischer, emotionaler Tag
Große Dankbarkeit
Masken tragen
Abstand halten
eine Mauer zwischen Menschen?
Masken tragen
Abstand halten
Sich und andere schützen
eine unsichtbare Mauer, die schützt

Eberle machte also deutlich, dass es Mauern gibt, die Menschen trennen (wie die Mauer zwischen Ost und West, die vor 30 Jahren fiel), und Mauern gibt, die Menschen schützen (wie die unsichtbaren Mauern heute in der Corona-Pandemie). Die einen Mauern muss man schleifen, die anderen sorgsam achten.

Bedingungsloses Vertrauen auf Gott

Vera Gedon, die Sprecherin des Christenrats, trug einige Verse aus dem Psalm 18 vor, einem Danklied des Königs David für den militärischen Sieg über seine politischen Gegner:

„Ich will dich lieben, HERR, meine Stärke,  HERR, du mein Fels und meine Burg und mein Retter; mein Gott, mein Hort, bei dem ich mich berge, mein Schild und mein Schutz.  Ich rufe: Der HERR sei hoch gelobt! und ich werde vor meinen Feinden gerettet. In meiner Not rief ich zum HERRN und schrie zu meinem Gott, er hörte aus seinem Tempel meine Stimme, mein Hilfeschrei drang an seine Ohren. … Ja, du lässt meine Leuchte erstrahlen, der HERR, mein Gott, macht meine Finsternis hell. Ja, mit dir überrenne ich Scharen, mit meinem Gott überspringe ich Mauern.“

Wer auf Gott vertraut, der wird nie enttäuscht, will uns dieser Psalm sagen.

Es ist immer die richtige Zeit

Robert Reischmann, Priester der Neuapostolischen Kirche, sagte in seiner Predigt, Gott rufe uns über die Zeiten hinweg seine unverbrüchliche Treue zu. Zwar gebe es auch überall in der Welt Kriege, Gewalt, Terror, Unfälle, Arbeitslosigkeit, soziale Probleme, Naturkatastrophen und nun das Corona-Virus, das alle getroffen habe. Christen könnten und sollten aber auch in solchen Zeiten auf Gott vertrauen, der versprochen habe: „Ich helfe dir. Ich bin bei dir. Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Gott habe den Menschen auch ein Leben nach dem Tod bei ihm zugesagt. Diesen Glauben und dieses Vertrauen sollten Christen vorleben und verkünden. Reischmann sagte, der für manche überraschend gekommene Fall der Mauer habe gezeigt, dass es „immer die richtige Zeit sei“, seine Stimme zu erheben, Frieden zu stiften und im Vertrauen auf Gott in die Zukunft zu gehen. Das gelte nicht nur für politische Ereignisse, sondern auch für den Alltag und für jeden einzelnen Menschen. Auch für die christlichen Gemeinden sei es „immer die richtige Zeit“, hier am Ort Licht für eine gute Zukunft zu sein.

Im Anschluss an die Predigt spielte der Posaunenchor das Lied: „Solang es Menschen gibt auf Erden, solang die Erde Früchte trägt, solang bist du uns allen Vater. Wir danken dir für das, was lebt.“ In den Fürbitten betete man, Gott möge den Menschen die Gnade geben, innere und äußere Mauern abzubauen. In der Corona-Pandemie möge Gott den Politikern und der Bevölkerung den rechten Weg zwischen „lähmender Vorsicht und gefährlicher Sorglosigkeit“ weisen. Die christlichen Gemeinden in der Stadt sollten sich bemühen, Orte des Zusammenhalts und der Versöhnung zu sein.

Mit dem gemeinsamen Gebet des „Vater unser“, dem vom Posaunenchor gespielten Lied „Großer Gott, wir loben dich“ und dem Segen schloss der Ökumenische Gottesdienst.     

Dr. Bernd Hein

Plakat Deutsche Einheit 2020