10 Wie kannst also du deinen Bruder oder Deine Schwester im Glauben richten? Und du, wie kannst du deinen Bruder oder Deine Schwester im Glauben verachten? Wir werden doch alle vor dem Richterstuhl Gottes stehen.
13 Daher wollen wir uns nicht mehr gegenseitig richten. Achtet vielmehr darauf, dem Bruder oder der Schwester im Glauben keinen Anstoß zu geben und ihn oder sie nicht zu Fall zu bringen.
Liebe Schwestern und Brüder,
das ist ja soweit alles gut und richtig. Und nun: wieso bloß redet das Neue Testament in diesem Zusammenhang vom Gericht Gottes?
„Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet“, haben wir vorher aus der Bergpredigt Jesu gehört.(Lk 6, 37) Und nun: „Wir werden doch alle vor dem Richterstuhl Gottes stehen.“ (Röm. 14, 10).
Wir alle richten, urteilen, über andere, manchmal auch über uns selbst. Und wir werden gerichtet, im Elternhaus, in der Ausbildung, am Arbeitsplatz, in der Kirchengemeinde, in der ökumen. Gemeinschaft, auch in der Nachbarschaft oder dem Verein. Das NT rechnet damit, dass dieses Handlungsgesetz des Lebens weiter geht. Nicht nur zw. Personen, nicht nur in Gruppen und Gemeinschaften, sondern auch in der Beziehung zu Gott. Gott ist ein Gott des Rechts und der Gerechtigkeit, bezeugt uns die Bibel. Er hat sich selbst in Jesus Christus der menschl. Urteilsmacht unterworfen. Und weil dieser Gott nicht einfach „der liebe Gott“, ein Idol, sondern eine lebendige Macht ist, werden wir alle dem Richterstuhl Gottes überstellt werden.
Das ist das unheimliche, dieses „wir alle“. Nicht nur die kleinen Gauner und die großen Gangster. Wir alle jedenfalls, die mit der Angst vor dem Sterben und gleichzeitig mit der Hoffnung auf den Tod leben.
Natürlich wollen wir nicht aus dem Leben scheiden. Aber, so sagen sich viele, dann wird wenigstens alles aus sein. Und bis dahin können wir fast alles machen. Also lasst uns essen und trinken! Lasst uns Schätze sammeln, lasst uns Spaß haben! Lasst uns machen was wir wollen! Nach uns die Sintflut!
Täusche dich nicht, sagt Paulus. Befrei dich von dem Wahn, dass du dich nicht verantworten müsstest. Entzieht euch dem Mythos, dass mit dem Tod alles zu Ende ist. Glaubt nicht, ihr kommt einfach so davon. Es wäre schön, wenn es einen lieben Gott gäbe. Und es wäre schön, wenn mit dem Tod einfach alles zu Ende wäre. Beides ist nicht der Fall. Gott ist nicht lieb – er ist gerecht. Er ist gerecht und barmherzig. Ja. Barmherzig.
Wir richten und wir werden gerichtet werden.
Wie können wir Menschen vor dem Richterstuhl Gottes bestehen?
Vor einem menschl. Gericht sollte man mit guten Gründen bekennen können: Ich bin unschuldig.
Paulus beschreibt das angemessene Verhalten vor dem Gerichtshof in der anderen Welt mit einem Zitat aus dem Buch des Profeten Jesaja (Jes. 45, 23):
“So wahr ich lebe, spricht der Herr, mir sollen sich alle Knie beugen und alle Zungen sollen Gott bekennen.“
Das ist die Empfehlung, die Paulus uns für unser Leben und für unser Sterben mit auf den Weg gibt: Beuge deine Knie. Behaupte nicht: Ich bin unschuldig, auch wenn es stimmt, dass du manches ganz gut gemacht hast in deinem Leben. Beuge die Knie. Und wiederhole dabei die wesentliche Einsicht des Glaubens, „dass Christus gestorben ist f. deine Sünde und dass er auferweckt wurde, damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.“ (1.Kor. 15,3)
Beuge die Knie. Bekenne den Glauben. Und du wirst bestehen.
Tu dies vor dem gerechten und barmherzigen Gott.
Hat der Gerechte denn nicht von Anbeginn der Welt seine Barmherzigkeit erwiesen?
Und für unsere aufgewühlten Seelen hat Jesus ein Bild, ein Urbild von Gott gefunden, das sagt: Gott, du bleibst uns treu. Und wenn ich mich verirre, findest du mich. Es ist das Bild von Gott, dem guten Hirten.
Erinnern wir uns, was Gott selbst von sich gesagt hat:
Ich selbst will meine Schafe weiden, und ich will sie lagern lassen, spricht Gott, der Herr. Ich will das Verlorene suchen und das Verirrte zurück bringen und das Verwundete verbinden und das Schwache stärken und, was fett ist und stark, behüten; ich will sie weiden, wie es recht ist.
S. Schott-Breit
Diese Predigt ist Bestandteil der Predigten vom Ökumenischer Abendgottesdienst ein Jahr nach dem Kirchentag am Sonntag, dem 19. Juni 2016, 19.00 Uhr mit dem Thema „Einander vertrauen – Türen öffnen“ zum Bibelvers Römer 14, 10-13